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Gemüsegarten

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Gemüsevielfalt für trockene Sommer

Der Klimawandel stellt den Gemüseanbau im Garten vor neue Herausforderungen. Wie es gelingen kann, trotz der Trockenheit und Hitze eine reiche Gemüsevielfalt zu kultivieren und welche Strategien dabei helfen, dazu hat Gärtnerin Barbara Keller einige Vorschläge.

Samenfeste Bescheidenheit und Herbstaussaat

Eine wenig diskutierte Möglichkeit ist der Anbau von samenfesten Gemüsesorten und Gemüseraritäten mit geringem Wasserbedarf. Diese wurden nicht auf Hochleistung gezüchtet und kommen oft mit weniger Dünger und Wasser aus als vergleichbare Hybriden. Und da die Winter in den letzten Jahren milder wurden, können manche Gemüse bereits vor dem Beginn der kalten Jahreszeit ausgesät werden und überstehen Kälteeinbrüche gegebenenfalls mit leichter Abdeckung. Eine Herbstaussaat spart außerdem Wasser, da im Herbst und Winter in der Regel genügend Regen fällt. Herbstaussaaten bieten zudem noch den Vorteil einer früheren Ernte als die herkömmliche Frühjahrsaussaat.

Bewährter Start im Herbst

Bewährt haben sich Winter-Kopfsalate wie der ‘Mooshäuptel’ oder der ‘Mombacher Winter’. Beide überwintern gut, sofern sie noch keinen Kopf gebildet haben, denn die zarten Blätter im Kopf  sind frostempfindlich. Romanasalate wie die Sorte ‘Teufelsohr’ und eine Palette von Pflücksalatsorten können zwischen Mitte August bis Ende September für den Überwinterungsanbau gesät
werden. Gut eingewurzelt benötigen sie im Frühling kaum noch Wassergaben. Auch andere Gemüse keimen bereits im Herbst, wie etwa die Zuckererbse ‘Winterkefe’, eine Schweizer Sorte für die Aussaat ab Oktober oder die Puffbohnensorte ‘Priamus’.

Seit der Bronzezeit beliebt

Die meisten Puffbohnensorten werden in der Regel im Februar ausgesät. Dieser Zeitpunkt bietet ausreichend Niederschlag für die erste Wachstumsphase. Sind die Pflanzen erst einmal größer, brauchen sie kaum noch zusätzliche Bewässerung. Schon in der Bronzezeit genoss man dieses Gemüse aus dem Vorderen Orient. Mit der Einführung der Garten- und der Feuerbohne trat die Puffbohne in den Hintergrund. In Süddeutschland wird sie noch vereinzelt als Futterpflanze angebaut, während man im Norden Deutschlands die traditionelle Bohne und deren typische Gerichte in Ehren hält. An schmackhaftesten sind Puffbohnen, wenn man sie in der Milchreife erntet. Das heißt, die Körner haben sich zu voller Größe entwickelt, sind aber noch nicht trocken. Das ist der Zeitpunkt, zu dem man die Körner aus den Hülsen puhlt und zubereitet.

Gut verwurzelt

Schwarzwurzel und Haferwurzel, deren Vorfahren beide aus dem Mittelmeerraum stammen, sind durch den frühen Kulturbeginn Anfang März und wegen ihrer tiefen Wurzeln anspruchslos, was eine Bewässerung anbelangt. Die Schwarzwurzel ist ein bekanntes Gemüse, die Haferwurzel dagegen geriet in Vergessenheit. Beide sind nah miteinander verwandt. Geschmacklich erinnert die Haferwurzel an Austern, in England wird sie »Vegetable Oyster«, also Gemüseauster genannt. Geerntet wird wie bei der Schwarzwurzel im Herbst/Winter. Im zweiten Jahr blühen die Pflanzen wunderschön und bilden eindrucksvolle Samenstände, allerdings sind die Wurzeln dann zäh und faserig.

In Baumgröße

Ein wahres Wunder an Anspruchslosigkeit in Bezug auf Feuchtigkeit ist die Gartenmelde. Im Februar ausgesät entwickelt sie sich bis zwei Meter hoch ohne zusätzliche Wassergaben. Dieses Blattgemüse wurde sehr geschätzt bis zur Einführung des Spinats. Die Blätter können über einen langen Zeitraum geerntet werden. Es gibt grüne, rote, violette, gelbe und gestreifte Sorten. Alle lieben gut gedüngten Gartenboden und geben dann reiche Ernte. Auch während der Blüte können die Blätter noch gegessen werden. Erst wenn sich die Samen entwickeln, stirbt die Pflanze ab.
Ähnliches gilt auch für den sehr hübschen Baumspinat, der seinem Namen alle Ehre macht. Allerdings ist der Oxalsäuregehalt höher, und damit ist das Gemüse nicht so gut verträglich.

Aus Südafrika

Eiskraut kennt man in Frankreich als Gemüse und auch hierzulande servieren es einige Gourmet-Lokale. Es eignet sich auch hervorragend als Dekoration für Buffets. Seinen Namen trägt Eiskraut aufgrund der Ausstülpungen an der Blattoberfläche, sie wirken wie Eiskristalle. Eiskraut ist ein Verwandter der Mittagsblume, stammt ursprünglich aus Südafrika und ist absolut trockenheitsresistent. Die Pflanzen bilden flach liegende Rosetten, deren Triebe als Gemüse geerntet werden oder die Blätter als Salatbeigaben. Bei guter Wasserversorgung bildet das Eiskraut
große Rosetten mit großen Blättern, bei Trockenheit bleiben die Rosetten und Blätter kleiner. Es bevorzugt heiße, vollsonnige Pflanzplätze und kümmert bei zu nassen Wachstumsbedingungen. Eiskraut eignet sich sehr gut als Unterpflanzung für samenfeste Tomatensorten, die man nach dem Anpflanzen nicht mehr gießt. Geeignete Sorten sind beispielsweise die Cocktailtomaten ‘Primabella’ und ‘Cerise Gelb’.

Direktsaat hilft Wasser sparen

Erstaunlich wenig Wasser benötigt Mangold. Er bildet tiefreichende Wurzeln, vor allem bei Direktsaat. Ab Mitte April kann man Mangold ins Freiland säen. Er keimt schnell und problemlos. Man sollte ihn vereinzeln, denn ein weiter Stand ermöglicht es den Pflanzen, sich gut zu entwickeln. Es gibt wunderbare alte Mangoldsorten, wie etwa der ‘Hunsrücker Schnitt’, der besonders winterhart ist oder der ‘Sennfelder Stiel’, der mit seinem feinen Geschmack überzeugt.

Den Herbstregen nutzen

Kopfkohle werden traditionell direkt gesät und ohne zusätzliche Bewässerung angebaut. In besonders trockenen Jahren muss doch etwas gegossen werden, aber gerade samenfeste Sorten wie das ‘Unterpleichfelder Weißkraut’ sind in der Lage, tiefe Wurzeln auszubilden und auch in heißen und trockenen Sommern mit geringen Wassergaben gut zu wachsen. In trockenen Sommern wachsen die späten Sorten oft wenig und holen dann bei herbstlichen Niederschlägen rasch auf.

Trendgemüse von der Küste

Relativ trockenheitsverträglich ist Agretti, auch Salzkraut oder Mönchsbart genannt. Die Pflanze stammt ursprünglich von der Meeresküste und wirkt ausgesprochen dickfleischig. Sie freut sich über reichliche Wassergaben, bei weniger Wasser bleibt sie kleiner. Gedünstet oder in der Pfanne gebraten ist Agretti eine tolle Bereicherung in der Küche. Manchmal ist zu lesen, dass man den
Boden salzen muss, um Agretti anzubauen. Diese Erfahrung habe ich nicht gemacht. Empfehlenswert ist eine Voranzucht Mitte April und das Auspflanzen nach den letzten Frösten. Man kann die ganzen jungen Pflanzen ernten, solange sie noch weich sind, oder man lässt sie einfach wachsen und erntet die Triebspitzen, wenn sich ein verzweigter Busch entwickelt hat. So kann man immer wieder ernten und die Pflanze verzweigt sich immer stärker. Die Pflanzen säen sich auch selbst aus und können im Frühjahr vereinzelt oder umgepflanzt
werden.

Weitere Kandidaten

Die Vielfalt an samenfestem Gemüse ist fast grenzenlos, ein weites Experimentierfeld wartet darauf entdeckt zu werden. Die Kichererbse zum Beispiel ist sehr bescheiden, was Wassergaben anbelangt. Ende April ausgesät kommt sie nach der Anwachsphase mit Trockenheit gut zurecht. Auch Spargelerbsen, große und dadurch tiefwurzelnde Gelbe-Rüben-Sorten oder Sommerportulak bieten sich als Versuchsobjekte für den wassersparenden Anbau an.

Barbara Keller

 

Bezugsquellen

Bingenheimer Saatgut (www.bingenheimersaatgut.de)
Dreschflegel (www.dreschflegel-saatgut.de)
Zollinger Bio Saatgut aus der Schweiz (www.zollinger.bio/de).

Diese Saatgut-Sets enthalten alles, was man zum Gemüsegärtnern braucht:
12 Bio-Saatgut-Sorten, Info-Broschüren zu den Themen “Aussaat und Pflege” und “Eigenes Saatgut ernten”, Stecketiketten aus Holz, leere Samentütchen mit bunten Klebepunkten

Online-Shop des Obst- und Gartenbauverlag des Bayerischen Landesverbandes für Gartenbau und Landespflege e.V. – Bio-Saatgut-Vermehrungsset “Bunter Selbstversorger-Garten” (gartenratgeber.de)   Tomate “Tigerella”, Cocktailtomate “Yellow Pear”, Fleischtomate “De Berao”, Spitzpaprika, Apfelpaprika, Chili “Jalapeno”, Gelbe Gurke, Salatgurke, Einlegegurke, Butternut-Kürbis, Hokkaido-Kürbis, Zucchini.

Online-Shop des Obst- und Gartenbauverlag des Bayerischen Landesverbandes für Gartenbau und Landespflege e.V. – Bio-Saatgut-Vermehrungsset “Bunter Selbstversorgergarten” (gartenratgeber.de)   Dicke Bohnen, Kapuzinererbse, gelbe Buschbohne, Neuseeländer Spinat, Grünkohl, Brokkoli, Zuckerhut Salat, Rote Beete, Sellerie, Pflücksalat

 

Fotos: Keller

 

 

Romanasalat Teuelsohr
Puffbohne Karmesin
Haferwurzelbluete
Rote Gartenmelde
Agretti
Unterpleichfelder Weißkraut
Baumspinat
Eiskraut
Kichererbse