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VielfaltsMacher

Die drei Phasen der Gartenlust

Eigentlich wohne ich ja mitten in Kitzingen in der Stadt, ich habe nicht mal einen Balkon. Aber ich habe in den letzten Jahren gemerkt, dass mir etwas fehlt, wenn ich abends aus meinem Laden nach Hause komme. Ich wollte draußen sein, mich ins Gras legen, in Bäume schauen. Ich wollte einen Ort haben, wo ich mich erholen kann, und was könnte dafür besser sein als ein eigener Garten? Was noch dazu kam: Ich wollte auch aktiv etwas dafür tun, dass es grüner und blühender in meiner Umgebung wird. Dass es wieder mehr Insekten und Vögel gibt. Das kannte ich schließlich von klein auf, ich bin zwar in Würzburg in der Stadt aufgewachsen, doch wir hatten dort immer einen großen Garten. Ich bin Designerin und beschäftige mich damit, Räume schön und lebenswert zu machen. Das wollte ich auch draußen tun. Zum Glück habe ich schnell genau das Richtige für mich gefunden: einen Garten im Nachbardorf am Main, mit großen Bäumen, vielen Sträuchern, mittendrin eine Wiese und viel, viel Platz.

Am Anfang war die Überforderung

Und so begannen sie, die drei Phasen der Gartenlust, wie ich sie nenne. Am Anfang war die blanke Begeisterung. Vogelnester in den Bäumen, Fledermäuse, die abends um uns herumflatterten und unter den großen Baumkronen war es im Sommer wunderbar schattig. Doch dann habe ich festgestellt, dass die Wiese immer höher wird und die Bäume und Sträucher weiterwachsen. So langsam schwante mir, dass mir mein Garten zwar viel gibt, er dafür aber auch etwas von mir möchte. Für jemanden wie mich, die keine Ahnung davon hatte, was das sein könnte, begann Phase zwei. Überforderung. Ich kaufte Gartengeräte. Erkannte, dass Mähen anstrengender ist als Fitnessstudio. Schnitt an den Sträuchern herum. Säbelte alle Johannisbeersträucher ab, weil ich dachte, das sei Unkraut. Wollte neue Pflanzen kaufen. Aber welche? Und wo bekommt man die am besten? Im Supermarkt? Im Baumarkt? Wie pflanzt man so was? Ich habe nur noch Arbeit gesehen, von der ich nicht wusste, wie man sie richtig macht. Die Tierwelt fand meinen wilden Garten super. Das war immerhin etwas.

Viel dazugelernt

Im Moment bin ich in Phase drei. Ich habe viel gefragt und viel gelernt. Dass man Pflanzen beim Gärtner kauft. Dass es auf den richtigen Standort ankommt. Dass man am besten im Frühjahr oder im Herbst pflanzt. Und dass man den einen Strauch gezielt zurückschneidet, um den anderen zu fördern. Dass es reicht, die Wiese zweimal im Jahr zu mähen und ich nur dort mehr Mäh-Sport betreiben muss, wo unsere Lieblingssitzecken sind. Alles andere gehört den Insekten. Ich habe festgestellt, dass sich mein schattiger Garten nicht für Gemüsebeete eignet. Dafür ist er ein Eldorado für Buntspechte, Zaunkönige, Schmetterlinge und sogar für eine Haselmausfamilie. Meine Obstbäume habe ich von einem Fachmann schneiden lassen und ich weiß jetzt, dass es mehrjährige Blumenpflanzen gibt, die Schattenstauden heißen und die ganz bestimmte Insekten anlocken. Brennnesseln kann ich getrost stehen lassen, denn die sind gut für Schmetterlingsraupen. Und wenn die alten Äste von meinem Nussbaum und vom Obstbaumschnitt in der Ecke liegen bleiben, kann ich ganz entspannt sein, denn die sind super für Käfer und Spinnen.

Endlich Gartenglück

Jetzt ist es so, dass ich den Garten wieder genießen kann. Ich sitze in meinen Lieblingsecken, und sehe, was zu tun ist, habe aber langsam Spaß daran. Ich taste mich Schritt für Schritt an die Bedürfnisse meines Gartens heran und stelle fest, dass es gar nicht so viele sind. Dafür macht es mich fast ein bisschen stolz, dass er das ist, was Fachleute gerne „Lebensraum“ nennen. Ich teile ihn mit vielen Vögeln, Insekten und allerhand Kleingetier. Meine Freundin meinte neulich, dass mein Garten fast schon ein Biotop sei. Sie muss es wissen, sie ist vom Fach. Wenn ich dann in den Nachbarsgarten schaue, wo der Rasen kürzer und grüner ist, wo Koniferen und akkurat geschnittene Sträucher ziemlich ordentlich aussehen, werde ich nicht mehr neidisch, sondern fühle mich fast ein bisschen geehrt, dass die Tiere lieber in meinem Garten wohnen. Für mich ist er jetzt das, was ich mir in meinen anfangs romantischen Träumen gewünscht habe: Mein Paradies. Das ich mit einer riesigen Vielfalt an Pflanzen und Tieren sehr gerne teile.

Anke Schunk
"Ein Vielfaltsgarten macht zum Glück weniger Arbeit"